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Gemeindehaus um 1942
Museen Muttenz, Lizenzbedingungen CC BY-NC-SA 4.0

1942, Gasthof zum Bären und Gemeindehaus
Foto Paul Frey-Brüderlin, Muttenz, Museen Muttenz, Lizenzbedingungen CC BY-NC-SA 4.0

1967
Foto Paul Imbeck-Kobi, Museen Muttenz, Lizenzbedingungen CC BY-NC-SA 4.0

Film "Vom alten zum neuen Gemeindehaus" Teil 2: Neubau Gemeindehaus

Film: Museen Muttenz

Basellandschaftliche Zeitung vom 31. Juli 1942

Die letzten 20 Jahre haben den stadtnahen Gemeinden des untern Kantonsteiles eine rasch vorwärtsschreitende Entwicklung gebracht. Mancherorts hat sich während dieser Zeit die Zahl der Einwohner verdoppelt und die damit verbundene bauliche Entwicklung stellte die Gemeinden vor neue grosse Aufgaben wie Ausbau des Strassennetzes und der Wasserversorgung, Einführung der Schwemmkanalisation und Neubau von Schulhäusern usw. Für die Behörden und Verwaltungen bedeutete diese Entwicklung eine ständig steigende Arbeitslast. Die mit dem Kataster- und Steuerwesen, der Verwaltung der Wasserwerke, dem Einzug der Wasserzinse, Kanalisationsgebühren und Anwänderbeiträge, der Vergebung der öffentlichen Arbeiten verbundenen Mehrleistungen zwangen die Verwaltungen, ihr Personal bis auf den dreifachen Bestand zu bringen, um all den Anforderungen einer zum Teil sehr stürmischen Entwicklung gerecht werden zu können.

Die nach dem Aufschwung der Zwanzigerjahre einsetzende Krise erlaubt keinen Abbau des Verwaltungsapparates, denn die Arbeitsbeschaffungs- und Fürsorgemassnahmen brachten neue Aufgaben. Die Einführung des passiven Luftschutzes kurz vor dem Krieg und die Kriegsjahre mit dem Rationierungswesen, den militärischen Notstandsmassnahmen, dem Lohnausgleich und den vielfältigen Erhebungen über Mehranbau usw. bedeuteten für unser Gemeindeverwaltungen ausserordentliche Bewährungsproben, denen sie sich aber gewachsen zeigten.

Diese stetig wachsenden Aufgaben und der damit verbundene Zuwachs an Personal fand die meisten Gemeindeverwaltungen in Arbeitsräumen, die den Verhältnissen vor und während des ersten Weltkrieges entsprachen. Raummangel machte sich überall bemerkbar. Die notwendigen Rationalisierungsmassnahmen, die eine raschere und sicherere Erledigung der vielfältigen Arbeiten ermöglichten, konnten in den vorhandenen Büroräumen nicht durchgeführt werden. Es fehlte auch an würdigen Räumen für die Gemeinderäte und Gemeindekommissionen und Zivilstandsbeamten. Ein Beispiel: In der seinerzeit zweitgrössten Gemeinde des Kantons war die Buchhaltung mit 2 Beamten im Gemeinderatszimmer untergebracht. Der gleiche Raum diente auch als Trauzimmer und vor jeder Trauung musste die Arbeit unterbrochen und das Zimmer ausgeräumt werden. Dass solche Verhältnisse einen geordneten und rationellen Betrieb nicht zuliessen, Iiegt auf der Hand.

Schon seit einigen Jahren befassten sich die grössern Gemeinden mit Plänen für neue Verwaltungsgebäude. Pratteln kam vor einigen Jahren zu einem stattlichen Neubau. Birsfelden hat sich letztes Jahr durch Umbau seines Verwaltungsgebäudes geholfen. Allschwil erwarb eine bestehende Liegenschaft, die es zurzeit nach seinen Bedürfnissen umbaut. Münchenstein wird nur durch die Ungunst der Zeit an der Verwirklichung seines projektierten Verwaltungsgebäudes behindert.

Muttenz ist heute in der glücklichen Lage, dieser Tage sein neues Gemeindehaus zu beziehen. Auch in dieser Gegend wird damit ein Projekt verwirklicht, das wählend vielen Jahren die Behörden und Einwohner eingehend beschäftigte.

Als Muttenz sich anfangs des Krieges auf Grund militärischer Anordnung genötigt sah, für seine Luftschutzorganisation eine Alarmzentrale zu erstellen, beschloss man, nach manchen andern Projekten, diese in Verbindung mit dem nicht mehr aufzuschiebenden Neubau eines Gemeindehauses zu erstellen. Im August 1940 lud die Gemeinde 6 Architekten zu einem engern Planwettbewerb ein. Schon im September lagen die Entwürfe vor. Das Preisgericht erkannte dem heute verwirklichten Projekt des Architekten Wilhelm Zimmer in Birsfelden den ersten Preis zu. Nach Überarbeitung fand das Projekt auch die Zustimmung der Gemeindeversammlung. Es ist selbstverständlich, dass die um die Erhaltung des schönen Dorfbildes besorgte Bürgerschaft das Ergebnis des Wettbewerbs mit grossem Interesse verfolgte. Die zur Diskussion stehenden architektonischen und städtebaulichen Fragen grundsätzlicher Natur fanden verschiedenartige Bewertung, so dass die Ansichten über das Wettbewerbs-Ergebnis geteilt waren. Dieses Ergebnis, wie es nun heute verwirklicht vor unsern Augen steht, hat nach allgemeiner Ansicht die Richtigkeit des Jury-Entscheides bestätigt.

Es ging doch darum, neben die Kirche – einer Baugruppe von höchstem plastischem Reiz – ein Gemeindehaus zu stellen, das sich bei aller Selbständigkeit der architektonischen Haltung, in die schöne alte bauliche Umgebung zwanglos einfügt. Durch Beibehaltung der richtigen Situation des alten Gemeindehauses wurde dies erreicht, wobei der Neubau als selbstverständlich wirkender Teil des Strassendorfes erscheint. Die Hauptfront ist gegen den Dorfplatz gerichtet (der ja nichts anderes ist als die erweiterte durch die Kirche abgeschlossene Dorfstrasse) und nicht gegen die, um die Kirchenmauer herumgeführte Nebenstrasse. So bleibt ein richtiger Platz gewahrt, der Dorf und Kirche bindet. Es darf aber festgehalten werden, dass der Neubau auch den richtigen Masstab hat: er beeinträchtigt bei aller Selbständigkeit nicht die Wirkung der Kirche und erscheint anderseits auch nicht als Anhänger zum „Bären“. Die architektonische Gestaltung bringt eine bescheidene, aber würdige Repräsentation zum Ausdruck, wie sie einem öffentlichen Gebäude dieses Charakters zukommt. Die bewusste Anlehnung an die gediegenen Bauformen seiner Umgebung fügt den Neubau in das köstliche alte Dorfbild mit einer Selbstverständlichkeit ein, wie wenn es seit jeher dagestanden hätte. Das hohe Dach bekundet seine Berechtigung, indem es die Beziehung aufnimmt zur Kirche und den Tortürmen. Im Grundriss, in Raumdisposition und Durchbildung ist der Neubau im guten Sinne modern, die reichlich belichteten, schön proportionierten Räume sind auf die Anforderungen eines geordneten Verwaltungsbetriebes zugeschnitten. Durch Verwendung einheimischer Baustoffe in natürlicher und gut handwerklicher Verarbeitung ist auch im Innern eine Gediegenheit erzielt worden, die mit dem Äussern korrespondiert und den Bau aus einem Guss erscheinen lässt.

Die Disposition zeigt drei im Masstab verschiedene, gegeneinander klar abgesetzte Baukörper, welche die 3 Raumgruppen aufnehmen:

1. Der Haupttrakt enthält im Untergeschoss die Archivräume, Personalgarderobe, Heizung; im Erdgeschoss die Schalterhalle, Kanzleiräume, Verwalter- und Präsidentenbüro und im 1. Stock den grossen Sitzungssaal das Gemeinderatszimmer, das Zivilstandszimmer und 1 Warte-zimmer, die alle an einer schönen Vorhalle liegen.

2. Der Wohnungsflügel nimmt östlich die Verbindung zu den Häusern am Friedhofweg auf; im Untergeschoss liegen Abwartkeller und Waschküche; im Erdgeschoss Vorhalle und Toiletten zum Vereins-saal und im l. Stock die Wohnung des Ortspolizisten und Abwartes.

3. Der Saalflügel enthält im Erdgeschoss den Vereinssaal und darunter die Luftschutzalarmzentrale.

Die Bauarbeiten sind durchwegs in guter handwerklicher Tradition ausgeführt; sie stellen dem Können des heimischen Handwerkerstandes das beste Zeugnis aus. Die Arbeiten zur Alarmzentrale wurden Ende Oktober 1940 aufgenommen; die Zentrale konnte dem LuJtschutzkommando im Juli 1941 übergeben werden. Projektierung und Bauleitung besorgten die Ingenieure W. & J. Rapp in Verbindung mit dem Architekten.

Am 19. Mai 1941 begannen die Grabarbeiten zum Gemeindehaus, das Ende September gleichen Jahres fertig aufgerichtet war. Die Einweihung wird am 1. August 1942 vollzogen und Montag, den 8. August beginnt die Arbeit in den neuen Räumen. Man darf der Gemeinde Muttenz gratulieren, dass sie den Neubau trotz Krieg noch rechtzeitig, d. h. zu einer Zeit verwirklichen konnte, wo die grosse Baukostenverteuerung und der Materialmangel die Durchführung solcher Bauvorhaben verunmöglichen.

Mit dem neuen Gemeindehaus erhalten die Behörden und Verwaltung vor Muttenz ein Heim, das alle äussern Voraussetzungen für eine gedeihliche Arbeit zum Wohle der Gemeinde erfüllt.