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Eine Heirat ohne verlässliche wirtschaftliche Grundlage war für die bäuerliche Gesellschaft kaum denkbar. Man heiratete deshalb erst, wenn genug Geld vorhanden war. Lange Verlobungszeiten waren üblich, einerseits um eine solide wirtschaftliche Basis zu schaffen und andererseits wegen der Wichtigkeit, die einer rechten Aussteuer beigemessen wurde.

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Abb. 5: Brautbild 1905: Im traditionellen schwarzen Kleid mit weissem Schleier.
Foto: Museen Muttenz

Der Mann verkörperte rechtlich die Autorität innerhalb der Familie. Frau und Kinder hatten sich unterzuordnen. Da eine Frau bis 1879 keinerlei Rechte besass, also bevogtet war, übernahm der Ehemann das Amt des Vormunds.9 Er verwaltete somit das Vermögen seiner Ehefrau; auch Rechtsgeschäfte durfte die Frau nur mit Zustimmung ihres Mannes abschliessen.

Bei ärmeren Schichten, wo die wirtschaftliche Grundlage fehlte, war es nicht ohne weiteres möglich zu heiraten. Man war auch davon überzeugt, Armut, Liederlichkeit und Trunksucht vererbe sich von einer Generation auf die nächste.10 Deshalb versuchte man es mit einem Heiratsverbot für Arme (Armengesetz 1859) und hoffte, die Armut damit reduzieren zu können. Bei Einsprachen der Gemeinde gegen eine Heirat gab es keine mildernden Umstände, denn man war überzeugt, wer fleissig und sparsam sei, bringe es auch zu etwas. Paare, die aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse kaum Chancen auf eine Ehe-Erlaubnis hatten, lebten trotzdem zusammen und hofften, mit der Geburt eines Kindes vielleicht doch noch eine Heirat erzwingen zu können.11 Das Armengesetz verfehlte seinen Zweck: Es verschwand weder die Armut noch erholten sich die Armenkassen. Das Eheverbot wurde schliesslich 1874 eidgenössisch aufgehoben.

Die Gemeinde Muttenz vermerkte 1859 erbost, dass ein armer Bräutigam auf die Frage, womit er denn nach der Heirat später seine Kinder zu ernähren gedenke «die Unverschämtheit zur Erwiderung gehabt habe zu antworten: Dafür ist die Gemeinde da.»8

Um Konflikte beim Erben zu vermeiden, gab es die Möglichkeit, bei der Heirat einen Ehevertrag abzuschliessen, eine sogenannte «Eheabrede»:

Muttenzer Eheabrede vom 1. Mai 188312

Eheabrede zwischen Daniel Tschudin ledig von u in Muttenz als Bräutigam und Elisabeth Gisin, ledig von Oltingen in Muttenz als Braut haben mit Zuziehung der gesezlichen Zeugen, folgenden Ehetrakt, nach welchem, in vorkommenden Sterbefällen mit Ihrem Vermögen gehalten werden soll, abgeschlossen.
I. Es versprechen sich die beiden Verlobten zur heiligen Ehe zu nehmen u dieses Ihr Versprechen, nächstens durch Civiltrauung u kirchliche Einsegnung bestätigen zu lassen.
II. Bringt ein jedes der Verlobten sein dato besizendes wie allfällige Ansprüche auf zu erwartendes Vermögen in die Ehe, welches alsdann ein Gemeingut ausmacht mit demjenigen, das während der Ehe erworben wird
III. Im Falle, dass diese Ehe mit Kindern gesegnet wird u es stirbt mit Hinterlassung eines oder mehreren, in dieser Ehe erzeugten Kinder
A. Der Mann zuerst, so soll von dem vorhandenen Vermögen, die Wittwe das Ehebett u Kasten zum voraus, und von dem übrigen die eine Hälfte, alle vorhandenen Kinder aber zusammen die andere Hälfte erhalten
B. Würde aber die Frau vor dem Manne sterben so sollen dem Wittwer das Ehebett u Kasten zum Voraus, u von dem übrigen Vermögen, die eine Hälfte die andere Hälfte aber den Kindern dieser Ehe zufallen
IV. Sollte sich nun ein Sterbefall ereignen, ohne dass Kinder aus dieser Ehe erzeugt, vorhanden wären, so soll wenn der Mann zuerst stürbe, die Wittwe die Hälfte des vorhandenen Vermögens erhalten, die andere Hälfte hingegen, soll den Erben des Mannes zufallen Stürbe jedoch die Frau zuerst, so sollen Ihre gesezlichen Erben, das in diese Ehe eingebrachte sowie das von Ihrer Seite ererbte u die Hälfte des während der Ehe erworbenen Vermögen, erhalten. Dem Manne jedoch soll sämtliches noch übrigen Vermögens zufallen

Anmerkungen

8 StA BL Justiz J, Fall 161/1859.
9 Annemarie Ryter: Als Weibsbild bevogtet, Liestal 1994, S. 25.

10 Elisabeth Joris und Heidi Witzig: Brave Frauen, aufmüpfige Weiber, Zürich 1992, S. 143.
11 Elisabeth Joris und Heidi Witzig: Brave Frauen, aufmüpfige Weiber, Zürich 1992, S. 54.
12 Das Original dieser Eheabrede (mit Unterschrift der Zeugen und eines Gemeinderats) befindet sich im Ortsmuseum Muttenz.