aus Jürg Ewald, Die St. Arbogast-Kirche in Muttenz bei Basel, eine Mittelalterliche Wehrkirche
Extrait de /I CHATEAU· GAILLARD /I, Etudes de castellologie medievale, VIII .. Colloque de Bad Münstereife1 (1976)
«Die anlässlich der Renovationsarbeiten zu erwartenden Eingriffe in den Boden riefen die Archäologie auf den Plan und führten zu einer vollständigen Untersuchung des Innern von Schiff, Chor und Altarhaus. Die Ergebnisse der Grabung seien kurz zusammengefasst (3). Der früheste Grundriss (Plan unten) zeigt ein langrechteckiges Schiff von mehr als der doppelten Länge des quadratischen, leicht eingezogenen Altarhauses, in dessen Zentrum übrigens auch ein Teil des Altars sichergeteIlt werden konnte. Innerhalb und ausserhalb des Schiffes fanden sich mindetens 11 ganz oder in Ueberresten erhaltene Steinplattengräber, in denen sich leider kein einziger Fund anbot, der genauer als » frühmittelalterlich « zu datieren wäre. Der Habitus der Gräber selbst sowie der Grundriss der Anlage sprechen aber deutlich genug für eine Datierung ins 7. / 8. Jh. Eine kleine Verlängerung des Schiffes nach Westen und Aenderungen im Altarhaus gehören gewiss noch
ins 1. Jahrtausend.
Steingerechte Aufnahme der Bauperiode Ia und Iab (Verlängerung nach Westen) mit Plattengräbern (7./8. Jh.), siehe auch Baugeschichte St. Arbogast
Plan Archäologie Baselland
Als zweiter Gesamtgrundriss folgt ein vollständiger Neubau, dessen Innenmasse praktisch mit den Aussenmassen des Vorgängerbaues übereinstimmen; es handelt sich wiederum um ein längsrechteckiges Schiff mit nunmehr bereits wenig querrechteckigem Chor. Dieser Bau wäre ins 11. Jh. oder an dessen Ende zu setzen. Noch nicht schlüssig bin ich über die Zuweisung des östlich des Altarhauses angetroffenen Apsisfundamentes, das zwar nicht im Verband steht mit dem Chor der soeben genannten Periode 2, hingegen aber überlagert wird von den Fundamenten des 3., romanischen Chorbaues. Die Apsis, die somit eine eigene «Zwischenperiode» darstellt, könnte als Erweiterung des Vorgängerbaues bzw. als erste Phase des folgenden, eben romanischen, Nachfolgebaues interpretiert werden. Das quadratische Altarhaus sowie der gegenwärtige Turm sind Zutaten aus der 1. Hälfte des 15. Jh (5).
Im Zentrum des Interesses steht der für die Region ausserhalb der Stadt Basel sehr bedeutsame romanische Bau, von dem praktisch noch das ganze Chor und ein Teil der Schiffs-Nordmauer, aufgeführt aus grossen Quadersteinen, stehen.
Die Säulenbündel mit Wülsten und Würfelkapitellen geben noch heute dem gesamten Raum sein Gepräge. Die Kunsthistoriker versichern uns, dass dieser Bau nur im Zusammenhang mit den romanischen Bauten am Basler Münster gesehen werden könne. Erstaunlich ist nun die Tatsache, dass kein vollständiger romanischer Neubau, aber auch keiner der Nachfolgezeit - das würde heissen: des 15. Jh. - vorhanden ist. Ich möchte hier nur andeuten, dass der aufwendige romanische Quaderbau am Schiff möglicherweise gar nie vollendet worden ist, sondern 1356 vom Basler Erdbeben überrascht wurde, was zu einer späteren Vollendung eines Baues in weniger aufwendiger Technik geführt haben könnte (6). Ein durch das Beben verursachtes Auseinanderklaffen des Chores könnte die Schrägführung der südlichen Schiffsmauer erklären. Erstaunlich ist aber die Tatsache, dass eine solch bedeutsame und für unsere ländlichen Verhältnisse aufwendige und grosse Anlage in einem kleinen Dörfchen um 1200 entstehen konnte. Muttenz, das am Ende des 17. Jahrhunderts noch aus wenigen Häuserzeilen besteht, muss eine spezielle Bedeutung gehabt haben. Aber weder die detaillierte Baugeschichte, noch die Gründungszeit, noch die kunsthistorische Bedeutung der Fresken stehen hier im Vordergrund. Beschäftigen soll uns hier die Frage nach der Stellung, dem Stellenwert der Anlage als Ganzes, insbesondere ihrer Wehrhaftigkeit.»
(4) Archiv KMBL 44.39.
(5) HEYER KDM 331.
(6) Original romanische Quaderbautechnik zeigen nur folgende Bauteile : untere und östliche Hälfte der Aussenhaut der SChilTs-Nordwand; Chor-Nordmauer (gleichzeitig Erdgeschoss der Turmsüdmauer); Innenhaut der Chorsüdmauer; Chorostmauer, d.h. die beiden schmalen Flanken zwischen Chor und Apsis bzw. Altarhaus. Einzig in der Aussenhaut der Chor-Süd wand finden sich - und hier auch in grösserer Dichte - Quadersteine des romanischen Baues. Wäre ein vollständiger romanischer Quader-Massivbau ein gestürzt, so hätte man dieses wertvolle. Baumaterial zweifellos für den \Viederaufbau in grossen Mengen verwendet. In der westlichen Hälfte der Nordmauer, in der ganzen West- und der ganzen Südmauer des Schiffes finden sich jedoch nur ganz vereinzelte dieser Quader.