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Zukunftsaussichten

Wie schätzen die Muttenzer Vereine ihre Zukunft ein?  Wird es ihnen gelingen, trotz Globalisierung, Individualismus und Konkurrenzdenken, Internet und Massenmedien und der grossen Anziehungskraft der Stadt Basel ein reges Gemeindeleben im «Dorf» aufrecht zu erhalten? Oder müsste das «trotz» eigentlich durch ein «dank» ersetzt werden, weil die genannten Faktoren letztlich viele Menschen gerade dazu ermuntern, sich in Vereinen zu engagieren, um gewissen Trends der heutigen Zeit etwas entgegenzusetzen? Es ist nicht möglich, diese Fragen hier abschliessend zu beantworten. Aber ich möchte zum Schluss einige Hinweise dazu anführen, auf die ich bei meiner kleinen Studie gestossen bin.


Abb. 11: Nachwuchsförderung beim Turnverein Muttenz: Die Jugendriege.

4 Vereine schätzen ihre Zukunft als «sehr gut» ein, 17 als «gut», 5 als «kritisch» und ebenfalls 5 als «schlecht». Bei 10 Vereinen war die Antwort offen («weder gut noch schlecht») und 3 Vereine haben die Frage nicht beantwortet. Interessanterweise sind die 4 Vereine, die ihre Zukunft als «sehr gut» einschätzten, von ihrer Zielsetzung her unterschiedlich: Es handelt sich um den Sportverein, die Kantorei St. Arbogast, die Heuwänder und die Senioren Muttenz. 6 Vereine gaben steigende, 11 Vereine sinkende und 27 Vereine gleich bleibende Mitgliederzahlen an. Aber nur 4 Vereine kreuzten an, heute «schlechte Zeiten» zu erleben. 22 von 44 Vereinen stimmten der Aussage zu, es sei schwieriger als früher, neue Mitglieder zu finden. Dafür wurden unterschiedliche Gründe genannt: das grosse Freizeitangebot; die sinkende Bereitschaft, längerfristige Verpflichtungen einzugehen; die «Überalterung » einiger Vereine; die verbreitete Konsumhaltung.

Beim Versuch, sich ein Gesamtbild zu machen, stechen zwei Herausforderungen heraus, mit denen die Vereine – in Muttenz und anderswo – heute konfrontiert sind. Die erste Herausforderung betrifft die Nachwuchsförderung. Zahlreichen Vereinen fällt es schwer, neue junge Mitglieder zu gewinnen und in die Vereinsaktivitäten zu integrieren. Aber es gibt auch Gegenbeispiele, wie der Sportverein, der – wie bereits erwähnt – einen Grossandrang von Kindern und Jugendlichen erlebt. Ein anderes interessantes Beispiel ist der Musikverein, der vor allem dank der Zusammenarbeit mit der Jugendmusik immer wieder Nachwuchs erhält.


Abb. 12: Jahreskonzert der Jugendmusik 2008. Dank der Zusammenarbeit mit der Jugendmusik erhält der Musikverein immer wieder Nachwuchs.

Die zweite Herausforderung besteht darin, innerhalb des Vereins genügend Personen zu finden, die bereit sind, bestimmte Aufgaben und Funktionen auf Dauer wahrzunehmen. Diese  Suche nach «Vereinsfunktionären» wird durch die Krise des traditionellen Ehrenamts erschwert: Selbst in einem «Dorf» wie Muttenz ist es heute nicht (mehr) selbstverständlich, in einem Verein Verantwortung zu übernehmen, um «dabei zu sein» und «etwas zu sagen» zu haben.

IGOM-Präsident Heiner Vogt hat im Turnverein – dessen Präsident er ebenfalls ist – ein Programm «Vom Ehrenamt zu den Volunteers» gestartet. Er hielt fest, dass die Vereine ihre Funktionäre systematischer suchen und besser «pflegen» müssten als bisher. Es sei ihre Aufgabe, nicht nur die sportlichen oder künstlerischen Talente zu fördern, sondern auch die Sozialkompetenzen ihrer Mitglieder zu erkennen und nutzbar zu machen: «Wenn einer besser rechnen als Fussball spielen kann, soll man halt auf ihn zugehen und ihm vorschlagen, Kassier zu werden!» Diese Strategie sei allemal erfolgreicher, als sich hinzustellen und in die Wüste zu rufen: «Wir brauchen einen Kassier!» Ausserdem sollten die Vereine den Funktionären mehr Anerkennung zukommen lassen, unter Umständen auch mit Zeugnissen, die im beruflichen Leben «etwas bringen». Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang und zum Schluss interessant, nochmals einen Blick in den Freiwilligen-Monitor zu werfen. Die aktiven Vereinsmitglieder wurden gefragt, mit welchen Mitteln die Vereine das Engagement der Mitglieder noch steigern könnten. Dabei wurden die «fachliche Unterstützung der Tätigkeit» und die «Mitsprache und Mitbestimmung in der Organisation» am meisten genannt. Darauf folgten die «Anerkennung der Tätigkeit durch hauptamtliche Personen in der Organisation» und die «Bereitstellung von Finanzmitteln für bestimmte Projekte ». Weniger genannt wurden «Weiterbildungsmöglichkeiten » und die «Anerkennung der Tätigkeit in Form von Zeugnissen, Ausweisen o. Ä.». Die «finanzielle Entschädigung für die geleistete Arbeit» und die «unbürokratische Kostenrückerstattung» stehen auf dieser Wunschliste der aktiven Vereinsmitglieder ganz unten. Beinahe 30 Prozent der Befragten sahen überhaupt keinen Handlungsbedarf. Von der Öffentlichkeit und vom Staat wünschen sich die aktiven Vereinsmitglieder vor allem zweierlei: eine grössere Anerkennung ihrer Tätigkeit durch Medienberichte und eine bessere Information und Beratung über Gelegenheiten zur Freiwilligenarbeit.14

Diese Ergebnisse bestätigen den Eindruck, den ich auch in Muttenz gewonnen habe: Es steht nicht schlecht um die Vereine, aber es gibt einige Herausforderungen, die bewältigt werden müssen, um ihre mittel- und längerfristige Zukunft auf ein solides Fundament zu stellen.

Anmerkungen
14 Isabelle Stadelmann-Steffen, Markus Freitag und Marc Bühlmann: Freiwilligen-Monitor Schweiz 2007. Zürich 2007, S. 112 – 113.