Barbara Rebmann
Erstaunlich früh, nämlich bereits zu Anfang der 1940er Jahre, wurde in Muttenz über ein Heimatmuseum diskutiert. Das Thema wurde 1943 akut, als Lina Jauslin (1853-1948) den gesamten künstlerischen Nachlass ihres Bruders, des Historienmalers Karl Jauslin (1842-1904), der Einwohnergemeinde schenkte. Mit der Übernahme hatte sich die Gemeinde bei ihr verpflichtet, dieses umfangreiche Werk von - wie wir heute wissen - über 5'100 Zeichnungen, Bildern in grosser und kleinster Form, teils raumfüllenden Gemälden und bis 15 m langen Umzugs- und Fasnachtsreportagen zu bewahren und irgendwie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
1948 wurde die Muttenzer Gesellschaft für Natur- und Heimatkunde (GNH) gegründet, die sich u.a. etwas konkreter mit der Möglichkeit eines lokalen Museums befasste. In einer Zeit ohne Fernsehen oder gar Internet gestalteten ihre Mitglieder mehrfach kleine Ausstellungen über unterschiedliche lokale, historische und naturwissenschaftliche Themen. Ausstellungsort war jeweils das Archiv der alten Gemeindeverwaltung. Die 1960er Jahre leiteten dann eine Zeit des Umbruchs in Muttenz ein, weil viele der Kleinbauernhäuser ihren ursprünglichen Zweck verloren hatten und einer modernen Nutzung zugeführt werden sollten. Ohne die Mitglieder der GNH und weiterer traditionsbewusster Einheimischer wäre damals viel Historisches unbesehen verloren gegangen und Muttenz hätte nie einen Wakker-Preis für ein intaktes historisches Dorfzentrum erhalten. 1969 wählte dann der Gemeinderat aus der Mitte der GNH die erste 5-köpfige Museumskommission. Sie erhielt den Auftrag, das Kulturerbe der Gemeinde für die Nachwelt zu bewahren. Damit begann offiziell das Sammeln von Dokumenten, Fotos und Objekten aus dem vormals bäuerlichen Dorfleben. Stolz stellten die Muttenzer und Muttenzerinnen historische Fotos und Objekte aller Art aus ihrem Familienbesitz zur Verfügung und begründeten so die heutige umfangreiche Museumssammlung.
1970 wurden von Privatleuten, ortsansässigen Firmen und einem namhaften Beitrag aus der Gemeindekasse CHF 130'000 zusammengetragen. Damit konnte der damals leerstehende, doppelstöckige Estrich des Feuerwehrgebäudes an der Schulstrasse 15 zum Museum ausgebaut werden. Im Dezember 1972 wurde auf zwei Etagen das Ortsmuseum mit der Karl Jauslin-Ausstellung als Hauptattraktion eröffnet.
Noch war das den Muttenzern und Muttenzerinnen nicht genug und die Gemeindeversammlung bewilligte 1979 und 1981 zusammen fast eine halbe Million Franken für den Kauf des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes Oberdorf 4 und dessen Rückbau in die Zeit von etwa 1900. Nur ein Jahr nachdem Muttenz den Wakker-Preis für den intakten historischen Dorfkern erhalten hatte, wurde im August 1984 das Bauernhausmuseum feierlich eröffnet,
1985 entschied die Gemeindeversammlung, die damalige Museumskommission und heutige Arbeitsgruppe Museen auf 9 Personen zu erweitern. Der Grund war, dass das Recherchieren, Ausarbeiten und Einrichten von Ausstellungen aus eigener Hand und die gleichzeitige Instandhaltung beider Museen immer mehr Arbeit mit sich brachten. Auch die damals häufigeren Öffnungszeiten von Ortsmuseum und Bauernhausmuseum benötigten vermehrte Präsenzzeit. Dazu mussten die vielen hundert historischen Fotos, Negative und Dias irgendwie archiviert und die bereits gesammelten rund 2’500 historischen Objekte ebenfalls dokumentiert und gepflegt werden. Damals war das noch alles Handarbeit, denn anstelle eines teuren Fotos wurden die Objekte von Hand gezeichnet. Es war schon den Gründern klar, dass eine Objektsammlung ohne erläuternde Fakten über Herkunft, Datierung und später oft nicht mehr eruierbarer Verwendungszwecke sinnlos wäre. Sie würde höchstens als Kuriositäten- oder bei fehlender Pflege schnell als Gruselkabinett taugen.
Inzwischen ist die Sammlung auf rund 17'000 gut gepflegte und digital dokumentierte Einzelstücke angewachsenen und das Katalogisieren und Instandhalten der Objekte sind nach wie vor die Hauptaufgaben der heutigen Arbeitsgruppe Museen. Dafür werden jährlich an die 700 Arbeitsstunden aufgewendet, plus jährlich rund 80 Stunden freiwillige Mitarbeit von Mitgliedern des Fördervereins Museen Muttenz.
Da wir vor zwei Jahren den fünfzigsten Geburtstag des Ortsmuseums verpasst haben, sind nun 40 Jahre Bauernhausmuseum ein Grund zum Feiern. Dies möchte die Arbeitsgruppe Museen am Samstag, 24. August mit der Bevölkerung gemeinsam tun. In Planung ist bereits ein Festgelände mit verschiedenem und zum historischen Bauernhaus passendem Handwerk wie Käsen, Spinnen, Holzrechen herstellen, Besenbinden, «Dängele», Mosten, Melken uvm. Für Kinder sind historisch-bäuerliche Wettbewerbe geplant und am Dorfbrunnen werden «Wöschwyber» zeigen, wie die Wäsche vor mehr als hundert Jahren auch ohne Waschmaschine sauber wurde. Sicher wird auch das Kulinarische aus heimischem Boden nicht zu kurz kommen.
Natürlich wird unser Bauernhausfest nicht ganz so spektakulär sein wie das gleichzeitig stattfindende Römerfest in Augusta Raurica. Aber unser Festgelände im Oberdorf ist bequem per Velo und zu Fuss erreichbar. Kommen Sie vorbei, tauchen Sie ein in ein Stück Geschichte und zeigen Sie Ihre Solidarität mit den Muttenzer Museen.
Das Bauernhausmuseum ist am Sonntag, 30. Juni und in den Schulferien am Sonntag, 28. Juli geöffnet. Wer sich also mit frischem «Buurebrot» und Zöpfen eindecken will, kann dies wie immer zwischen 10 - 17 Uhr tun, oder sich in der «Bäsebeiz zum Tschuppeldäni» ein hausgemachtes Zvieriplättli genehmigen. Das Ortsmuseum ist am Sonntag, 30. Juni von 14 - 17 Uhr geöffnet. In den Schulferien bleibt das Ortsmuseum am Sonntag, 28. Juli geschlossen. Gezeigt werden neben der geschichtlichen Entwicklung von Muttenz, die neue Sonderausstellung zur Siedlungsgenossenschaft Freidorf und das Modell des ältesten Baselbieter Gebäudes an der Burggasse 8. Es stehen auch Kopien historischer Tischspiele für Jung und Alt bereit und natürlich die Vitrine zum Rätselraten |
Am Eröffnungstag trägt sich Bauverwalter Max Thalmann unter den Augen von Museums-Obmann Paul Gysin im Gästebuch ein.
Ein von Hand ausgfülltes Objekt-Datenblatt aus den 1970er Jahren.
Der heute nicht mehr zugängliche Ausstellungsraum im oberen Estrich des Ortsmuseums